18.07.2023
6 Minuten
Die Funktionsweise der Pneumatik verstehen
Die Pneumatik fasst alle Anwendungen zusammen, bei denen komprimierte Luft zum Einsatz kommt. Wie auch die Hydraulik, die mit Flüssigkeiten arbeitet, gehört sie zur Fluidtechnik. Das Grundprinzip beruht darauf, dass Druckluft Energie speichert, die für bestimmte Zwecke als Antriebsenergie zum Einsatz kommt. Üblicherweise arbeiten pneumatische Anlagen mit einem Überdruck von 6 bar, bei einigen Anwendungen aber auch mit bis zu 40 bar.
In diesem Beitrag werden wir das Grundprinzip der Pneumatik, ihre Anwendungsbereiche sowie die Funktionsweise von Pneumatikventilen für die Durchflusssteuerung eingehend behandeln. Ausserdem werden wir einen Blick auf die Elektropneumatik werfen, die neue Möglichkeiten der Automatisierung eröffnet.
Egal, ob Sie bereits Pneumatik in Ihrem Unternehmen einsetzen oder gerade erst anfangen, sich damit auseinanderzusetzen - dieser Beitrag liefert Ihnen wertvolle Informationen.
Grundprinzip und Anwendungsbereiche der Pneumatik
Die Funktionsweise lässt sich kurz mit den Schritten Drucklufterzeugung, Aufbereitung, Transport und Anwendung beschreiben. Kompressoren saugen Umgebungsluft an und verdichten sie, wozu Energie notwendig ist. Die Aufbereitung der Druckluft hat den Zweck, Staubpartikel zu entfernen. Das ist wichtig, um die Komponenten der pneumatischen Anlage zu schonen. Der Transport der Druckluft kann direkt über Rohrleitungen beziehungsweise Druckschläuche zu den Verbrauchern erfolgen. Sie lässt sich aber auch in geeigneten Behältern aufbewahren.
Innerhalb der pneumatischen Anlage leiten Pneumatikventile die Druckluft an die gewünschte Stelle. Dafür gibt es verschiedene Steuerungsmöglichkeiten. Ein Arbeitselement, auch Aktor genannt, wandelt die in der komprimierten Luft gespeicherte Energie in die gewünschte Bewegung um. Möglich sind lineare Bewegungen von Zylindern und rotierende in Pneumatikmotoren.
Es gibt in der Industrie und im Transportwesen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für Druckluft. So funktioniert häufig der Werkstück- oder Materialtransport in Produktionsstrecken auf diese Weise. Pneumatische Anwendungen sind somit ein bedeutender Bestandteil der Automatisierung. Viele Werkzeuge arbeiten mit Pneumatik. Ebenso gibt es mit Druckluft angetriebene Pneumatikmotoren, auch als Getriebemotor. Druckluftbremsen in Zugmaschinen, Lkw und Bussen funktionieren ebenfalls nach diesem Prinzip. Ein junger Anwendungsbereich dieser Technologie ist die Robotik.
Pneumatikventile für die Durchflusssteuerung
Zentrale Bauteile in der Pneumatik sind Ventile. Es gibt verschiedene Arten von Pneumatikventilen, die in der Automatisierung unterschiedliche Funktionen erfüllen. Dazu gehören Wegeventile. Sie öffnen und schliessen Durchflusswege und steuern so den Strom der Druckluft. Trägt ein Wegeventil die Kennzeichnung 3/2, hat es 3 Anschlüsse und ermöglicht 2 Schaltstellungen. Man unterscheidet bistabile Wegeventile, die 2 stabile Stellungen einnehmen können, und monostabile, die automatisch wieder in ihre Ausgangsposition zurückgehen. Nach der Art des Verschlusses lassen sich Wegeventile in Schieber- und Sitzventile einteilen. Schieberventile verschliessen den Durchflussweg mit einem Kolben, Sitzventile mit Tellern oder Kugeln.
Sperrventile sind eine weitere Variante der Pneumatikventile. Diese können einen Durchflussweg versperren oder freigeben, indem die Druckluft ein Sperrelement verschiebt. Man unterscheidet Wechsel- und Zweidruckventile. Ein Wechselventil öffnet, wenn Druckluft an einem von zwei Eingängen anliegt. Bei einem Zweidruckventil muss sie dafür auf beide Eingänge wirken.
Weiterhin gibt es Druckventile, die den Durchfluss vom Druck abhängig steuern. Eine Variante davon ist das Druckbegrenzungsventil. Dieses öffnet, wenn ein voreingestellter Druck überschritten wird, um Luft abzuleiten und somit den Druck zu verringern. Das dient dem Schutz der Anlage. Ein Druckregelventil ermöglicht den Durchfluss erst, wenn ein Mindestdruck vorhanden ist.
Auch Stromventile kommen in der Pneumatik zum Einsatz. Diese regulieren die Durchflussmenge der Druckluft, zum Beispiel durch eine Verengung der Leitung. Es gibt hier ebenfalls verschiedene Varianten wie Drosselventile oder Blendenventile. Ein Stromregelventil hat hingegen die Aufgabe, die Durchflussmenge auch bei Druckschwankungen konstant zu halten.
Vor- und Nachteile pneumatischer Anlagen
Ein Vorteil der Pneumatik ist, dass sich erzeugte Druckluft entweder direkt in ein Leitungssystem einspeisen oder in Behältern lagern lässt. Pneumatische Anlagen ermöglichen vergleichsweise hohe Arbeitsgeschwindigkeiten. Anders als bei elektrischen Antrieben besteht keine Gefahr, dass die Komponenten durch Überlast Schaden nehmen. Das Druckniveau ist innerhalb der Anlage regulierbar. Ein erhöhtes Brand- oder Explosionsrisiko ist bei rein pneumatischen Anwendungen nicht gegeben. Auch besteht keine Gefahr von Umweltschäden durch Kontamination. Druckluft hat eine kühlende Wirkung, sodass Sie bei vielen Arbeitsprozessen keine zusätzliche Temperaturregelung brauchen. Die Anlagen sind weitestgehend unempfindlich gegen Temperaturschwankungen. Sie lassen sich aus einfachen Komponenten zusammensetzen und sind daher vergleichsweise preiswert.
Es gibt auch einige Nachteile, vor allem im Vergleich zur Hydraulik. So lässt sich die Kraft mithilfe der Pneumatik nicht so präzise steuern, wie es bei hydraulischen Anlagen der Fall ist. Auch ist die Geräuschentwicklung relativ hoch, was sich jedoch durch verschiedene Massnahmen mindern lässt. Zum Beispiel können Sie schallabsorbierende Materialien einsetzen. Ebenso gibt es Druckluft-Schalldämpfer, die Sie auch im Sortiment von Conrad finden. Weiterhin ist die Reinigung der Luft durch Filter notwendig. Denn der in der Umgebungsluft enthaltene Staub würde den Verschleiss der Komponenten einer pneumatischen Anlage beschleunigen. Der kühlende Effekt der Druckluft kann in einzelnen Fällen auch zu stark sein und zur Vereisung führen. Wenn sehr hohe Kräfte für die jeweilige Aufgabe notwendig sind, bieten pneumatische Lösungen keine ausreichende Wirtschaftlichkeit mehr.
Elektropneumatik und Automatisierung
Die meisten pneumatischen Anwendungen beruhen heute auf dem Prinzip der Elektropneumatik. Diese Anlagen bestehen aus einem elektrischen Signalsteuerteil und einem pneumatischen Leistungsteil. Im Vergleich zu vollpneumatischen Steuerungen bieten Sie einige Vorteile und mehr Möglichkeiten für die Automatisierung.
Vergleich von Elektro- und Vollpneumatik
Bei einer vollpneumatischen Anlage erfolgt die Signaleingabe über die manuelle Bedienung eines Wegeventils. Die Signalverarbeitung übernehmen verschiedene Pneumatikventile. Für die Signalausgabe an die Arbeitselemente kommen ebenfalls Wegeventile zum Einsatz. Die Signaleingabe und -verarbeitung in einer elektropneumatischen Anlage erfolgt über den elektrischen Signalsteuerteil. Zur Eingabe eignen sich, je nach Anwendungsbereich, verschiedene Arten von Schaltern, beispielsweise Tast-, Stell- und Näherungsschalter.
Auch Sensoren oder Reedkontakte, etwa zur Endlagenerkennung eines Zylinders, kommen hierfür infrage. Die Signalverarbeitung kann über Relais oder bei grösseren Lasten über Schütze erfolgen. Noch mehr Möglichkeiten bieten speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS). Die Signalausgabe über den Elektro-Pneumatik-Wandler bildet die Schnittstelle zwischen dem elektrischen Signalsteuerteil und dem pneumatischen Leistungsteil mit den Arbeitselementen.
Als EP-Wandler dient ein Magnetventil in Form eines elektromagnetisch gesteuerten Wegeventils. Bei diesem befindet sich auf der Seite des elektrischen Steuerteils ein Ventilmagnet. Je nach anliegendem Signal öffnet oder schliesst er Verbindungen im pneumatischen Leistungsteil.
Vor- und Nachteile der Elektropneumatik
Vollpneumatische Systeme kommen heute nur noch vergleichsweise selten zum Einsatz. Dass sich die Elektropneumatik durchgesetzt hat, lässt sich auf folgende Vorteile zurückführen:
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mehr Möglichkeiten der Steuerung und Überwachung
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komplexere pneumatische Systeme realisierbar
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Bewegungsabläufe und Taktzeiten lassen sich schneller ändern
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Einsatz von Sensoren möglich
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verringerter Planungs- und Installationsaufwand
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einfacher Austausch von Informationen zwischen mehreren Steuerungen
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höhere Zuverlässigkeit
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geringerer Verschleiss (weniger mechanisch bewegte Bauteile)
Ein Nachteil der Elektropneumatik im Vergleich zu vollpneumatischen Anlagen ist das grössere Explosions- und Brandrisiko aufgrund der elektrischen Komponenten. Entsprechende Schutzmassnahmen sind notwendig.
SPS zur Steuerung elektropneumatischer Anlagen
Als Element der Signalverarbeitung kommt in elektropneumatischen Systemen neben Relais und Schütz auch die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) infrage. Diese kann zahlreiche Ein- und Ausgangssignale miteinander verknüpfen und ermöglicht deshalb komplexere Funktionen. Sie besteht aus einer Zentralbaugruppe inklusive Prozessor, Eingängen und Ausgängen. Die Eingänge empfangen die Signale und die Ausgänge steuern im Fall einer elektropneumatischen Anlage die EP-Wandler an.
Die Steuerung erfolgt durch ein Softwareprogramm. Mithilfe von aufsteckbaren Erweiterungen, den Shields, lässt sich die Anzahl der Ein- und Ausgänge noch vergrössern. SPS eignen sich gut für die Kombination mit Ventilinseln. Diese fassen mehrere Ventile auf kleinem Raum zusammen, die mittels Bussystem mit der SPS und den Arbeitselementen verbunden werden.
Es gibt auch Steuerungen, die auf den Technologien der Open-Source-Anwendungen Raspberry Pi oder Arduino beruhen. Diese können Sie ebenfalls für elektropneumatische Steuerungen verwenden. Mit SPS-Systemen und entsprechenden Shields eröffnen sich Unternehmen vielfältige Möglichkeiten zur Steuerung und Automatisierung pneumatischer Prozesse. Die Pneumatik bleibt dabei als grundlegende Komponente für präzise und zuverlässige Abläufe unerlässlich.
Pneumatikzubehör bei Conrad
Sie möchten die Möglichkeiten der Pneumatik für Ihr Unternehmen nutzen oder wenden diese Technologie bereits an? Dann finden Sie bei Conrad eine grosse Auswahl an Bauteilen und Zubehör. Verschiedene Ventile und Absperrorgane gehören ebenso dazu wie druckluftsichere Verschraubungen, Kupplungen, Verbindungen und Schläuche. Sie erhalten hier auch Druckluft-Schalldämpfer, Messeinrichtungen zur Druck- und Temperaturüberwachung und Verteiler. Pneumatische Antriebe inklusive Pneumatikzylinder gehören ebenfalls zum Sortiment.
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