Ratgeber
Was macht Induktivitäten zu solch wichtigen Bauelementen?
Aus jeder Steckdose kommt ein Wechselstrom mit 230 Volt, aber nicht jedes Gerät ist in der Lage diesen hohen Strom zu verarbeiten. Hier kommen die Induktivitäten ins Spiel: Sie werden als Vorwiderstand in beinahe jedem Netzteil verbaut, da sie in der Lage sind den Strom zu regulieren. Oder stellen Sie sich vor, Sie möchten Ihr Hotelzimmer betreten. In den meisten Hotels bekommt man nur noch Schlüsselkarten, um Zimmertüren öffnen zu können. In diesen Karten sind Spulen verbaut, die dank ihrem Magnetfeld als Türöffner dienen. Eine relativ neue Entwicklung ist das induktive Laden. Dabei wird z.B. das Smartphone ohne direkte Stromverbindung auf die Ladestation gelegt. In der Ladestation und im Smartphone werden Spulen verbaut, die dieses induktive Laden möglich machen.
Wie Sie sehen, wäre unser derzeitiger technologischer Stand ohne Induktivitäten nicht im geringsten möglich. Im Folgenden erklären wir Ihnen, was Sie über Induktivitäten wissen müssen.
Der Begriff Induktivität ist ein physikalisches Phänomen, das bei Spulen und Drosseln eine der wichtigsten Eigenschaften ist. Deshalb werden die beiden Bauelemente selbst oftmals als Induktivitäten bezeichnet.
Spulen und Drosseln gehören zu den induktiven Bauelementen. Beide Bauteile bestehen zum Großteil aus isoliertem Draht. Dieser Draht wird in Windungen gelegt, die aneinander gereiht werden. Bei einigen Spulenarten wird der leitende Draht um einen Kern aus ferromagnetischem Material gewunden. Wenn kein Kern vorhanden ist, spricht man von Luftspulen.
Die Drahtwindungen einer Spule oder Drossel bilden Leiterschleifen, durch die Strom fließen kann. Jede stromdurchflossene Wicklungsschleife bildet ein Magnetfeld, durch deren Überlagerung ein großes Gesamtfeld entsteht. Spulen finden dank dieser Eigenschaft als Elektromagneten Anwendung. In einem solchen Magnetfeld kann Energie zwischenzeitlich gespeichert werden.
Wird der Leiter von zeitlich verändertem Strom durchflossen, verändert das Magnetfeld seine Stärke. Es wird eine Selbstinduktionsspannung an den Enden des Leiters erzeugt. Diese Spannung ist dabei gegen den Strom gerichtet, somit entsteht der induktive Widerstand.
Induktivität (L) ist der Proportionalitätsfaktor zwischen der Selbstinduktionsspannung und der Änderungsgeschwindigkeit des Stromes. Sie wird in der Einheit Henry (H) angegeben. Die Induktivität einer Spule ist von der Anzahl der Windungen, dem Querschnitt und der Länge der Spule sowie der Permeabilität des Spulenkerns abhängig.
Die Induktivität einer Spule einfach erklärt:
Unser Praxistipp:
Permeabilität ist das magnetische Leit- oder Durchdringungsvermögen des Spulenkerns. Es ist also ein Anzeichen, wie gut der Spulenkern magnetische Feldlinien leitet.
Luftspulen
Luftspulen haben keinen Spulenkörper aus ferromagnetischen Stoffen. Die Linearität der Luftspulen ist ein großer Vorteil, denn dadurch ist die Induktivität unabhängig vom Strom. Je höher die Induktivitätswerte sein sollen, desto mehr Windungen und somit mehr Draht werden benötigt. Um einen hohen ohmschen Widerstand zu vermeiden, verwendet man einen dickeren Draht, der in viele Windungen gelegt wird. Auf diesem Weg werden Streuverluste vermieden.
Durch den hohen Verbrauch an Draht sind die Spulen allerdings sehr groß und voluminös. Hinzu kommen hohe Materialkosten.
Luftspulen finden ihren Einsatz beispielsweise in den Frequenzweichen für Lautsprecher. Zudem werden sie in Luftspaltmotoren und teilweise auch als Kurzschlussbegrenzungsdrosseln verwendet, da dort die Linearität von großer Bedeutung ist.
Spulen mit Kern
Für Spulenkerne werden ferromagnetische Materialien (Eisen, Kobalt und Nickel) verwendet. Ferromagnetismus bedeutet, dass das Material nur dann magnetisch ist, wenn es von einem Magnetfeld magnetisiert wird. In einer Spule entsteht dieses Magnetfeld durch die stromdurchflossenen Leiter.
Die Verwendung eines Kerns erhöht die Induktivität der Spule. Somit kann der leitende Draht verkürzt und die Anzahl der Windungen verringert werden. Folglich wird der störende Widerstand der Spule weniger. Dank einem Kern wird das Volumen der Spule kleiner und die Kosten des Bauelements können auf Grund des geringeren Verbrauchs von Kupferdraht gesenkt werden.
SMD-Bauformen
SMD-Bauelemente ( Surface-mounted device) werden auf der Leiterplatte fixiert und anschließend nach verschiedenen Verfahren gelötet. Diese Art der Montage bezeichnet man als Oberflächenmontage. Im Gegensatz dazu werden bei der THT-Montage (Through Hole Technology) die Anschlussdrähte der Bauelemente durch Kontaktlöcher in der Leiterplatte gesteckt und anschließend gelötet. Diese Art der Montage wird auch Durchsteckmontage genannt.
Drosselspulen
Drosselspulen werden zum Verringern oder Begrenzen von Wechselströmen in einen Wechselstromkreis eingebaut.
Sie funktionieren nach folgendem Prinzip: Die Spannung, die die Selbstinduktion erzeugt, wirkt entgegen ihrer Ursache. So verringert sich der Stromfluss in der Spule durch die Spannung. Der induktive Widerstand ist das Maß für die Drosselung. Drosselspulen werden zur Strombegrenzung eingesetzt.
Ringkernspule (auch Toroidspule, Kreisringspule oder Ringspule)
Der Kern der Spule ist ein Kreisring. Durch diese Bauform breitet sich der magnetische Fluss nur im Kern aus. Deshalb ist das Streufeld außerhalb der Kreisringspule vergleichsweise schwach.
Ringkernspulen werden in passiven, elektrischen Filtern eingesetzt, damit hochfrequente Störungen unterdrückt werden. Aber auch in Fehlerstromschutzschaltern werden sie häufig verbaut.
Speicherdrossel
Speicherdrosseln speichern die magnetische Energie. Der Kern ist häufig durch einen Luftspalt unterbrochen, der zur mechanischen Stabilisierung mit Papier, Harz oder Plastik gefüllt wird. In diesem Luftspalt wird fast die gesamte Energie gespeichert, damit die Sättigung des Kernmaterials vermieden und ein linearer Induktivitätsverlauf gewährleistet wird.
Anwendung finden Speicherdrosseln in bestimmten Schaltnetzteilen, Schaltreglern, Invers-Wandler und SEPIC-Wandlern.
Wireless- Power Spulen
Diese Spulenart hat nur eine sehr geringe Bauhöhe und wird daher oft in Wearables eingebaut. Wireless-Power Spulen sind ideal für die kabellose Energieübertragung geeignet. Es gibt eine Senderspule in der Ladestation und eine Empfängerspule im Gerät. Zwischen diesen beiden Spulen findet eine resonante, induktive Kopplung statt. Der Ladevorgang beginnt durch Induktion.
Diese Form der Energieübertragung wird bereits angewendet, aber in Zukunft werden noch viele weitere Innovationen auf den Markt kommen. Getestet wird heute schon das Aufladen eines Elektroautos mithilfe eines Charging Pads. Dieses ist in einer Senderspule verbaut.
Strombegrenzung
Die Spule begrenzt einen unzulässig hohen Stromanstieg, indem durch Strom Spannung induziert wird. Diese wiederum wirkt dem Strom entgegen. Somit wird verhindert, dass ein Verbraucher durch eine schlagartige Veränderung des Widerstands und eines dadurch bedingten Stromanstiegs beschädigt oder zerstört wird. Induktivitäten können also als Vorwiderstände eingesetzt werden.
Der induktive Widerstand ist frequenzabhängig, deshalb eignen sich Induktivitäten für Frequenzweichen in Lautsprechersystemen. Bei Tieftönern sollen hohe Frequenzen nur abgeschwächt übertragen werden, deswegen wird eine Drosselspule als Vorwiderstand vorgeschalten.
Erzeugen starker Magnetfelder
Mit Hilfe von Spulen können starke Magnetfelder erzeugt werden, indem man die Wicklungsschleifen mit Strom durchfließen lässt. Denn jeder stromdurchflossene, elektrische Leiter bildet ein Magnetfeld. Die so verwendeten Spulen nennt man Elektromagnete. Diese werden zum Beispiel bei Elektromotoren, Generatoren, Relais, Klingeln und Transformatoren benötigt.
Schwingkreise
Bei einem Schwingkreis wird Energie zwischen der Spule und einem Kondensator periodisch ausgetauscht. Dadurch liegt abwechselnd hohe Stromstärke oder hohe Spannung vor. Schwingkreise werden beispielsweise in der Rundfunktechnik verwendet, um die Frequenzen verschiedener Sender zu unterscheiden.
Zündschaltungen
Spulen eignen sich ideal für den Einsatz in Zündschaltungen. Denn bei Zündschaltungen wird durch das Betätigen eines Schalters eine plötzliche Stromveränderung ausgelöst. Diese Stromveränderung bewirkt eine Selbstinduktionsspannung, womit ein Gerät oder Motor gestartet werden kann.
Energiespeicher in Schaltreglern
In Spulen wird im magnetischen Feld elektrische Energie ohne weitere Umwandlung gespeichert. Bei dieser Form der Energiespeicherung geht nur wenig Energie verloren. Die Energie kann in kürzester Zeit wieder abgerufen werden. Allerdings entstehen dabei hohe Kosten (mehrere 10.000 €/kWh).